Ein Mann fährt allein durch eine endlose, staubige Wüstenlandschaft Nevadas– ein Roadmovie-Motiv, das zwischen Freiheit und Verlorenheit pendelt; am Horizont diese eine Tankstelle – Einsam, Verlassen:

Als er an der Tankstelle hält, wirkt sie wie ein Relikt aus einer anderen Zeit: halb verfallen, menschenleer, von Wind und Sonne ausgebleicht.
Keine Bewegung, kein Zeichen von Leben, kein Auto, kein Mensch – nur das Rauschen der Wüste und sein stiller Auftritt. Robert Plant (Led Zeppelin) spielt im Video zu seinem Song «Big Log» aus dem Jahre 1983 den eingangs erwähnten Protagonisten. 

Dramatisch ist hier weniger das Offensichtliche, sondern das Nicht-Gesagte: die Einsamkeit dieses Ortes, die Frage, ob er dort auftankt oder eher „leerläuft“. Die Tankstelle wird so zum Symbol eines Zwischenraums – weder Aufbruch noch Ankunft, sondern ein mystischer Übergang. In der romantischen Überblendung des Clips wirkt es fast so, als hielte er an einem Ort, der nur in seiner inneren Reise existiert, ein Schattenschleier zwischen Realität und Traum.

Doch wo genau steht die verlassene Tankstelle, welche im offiziellen Videoclip vorkommt? Gibt es den Ort, die Tankstelle noch? Schliesslich stammt der Clip aus dem Jahre 1982.

Nach beinahe 45 Jahre Zeitgeschichte gibt es die Tankstelle an der Ranch Rd in der Ortschaft Crystle (Nevada) nicht mehr in dieser Form, wie wir sie aus dem Videoclip kennen. Das Gebiet ist verwuchert, verlassen, die Natur hat die Überhand des Areals übernommen. Man sieht auf den Kartenbildern oben deutlich, dass die Strasse früher näher an den Zapfsäulen war, dass ein Zaun die Strasse (Ranch Rd) vom Areal trennte.  

Das ehem. Tankstellen-Haus scheint auch noch vor Ort zu sein, jedoch zu welchen Zwecken, konnten bei den Recherchen nicht heraus gefunden werden. 

Das Wilde liegt auch heute noch in der Weite der Landschaft, im Gefühl des „on the road“ – dieser unbändigen amerikanischen Ikonografie von Freiheit.
Doch die Mystik entsteht aus der Leere: eine Station, die wirkt, als wäre sie für ihn allein erschaffen, als hielte die Welt den Atem an. Robert Plant als einsamer Protagonist erscheint wie ein Wanderer zwischen den Zeiten, ein Mann, der mit seinen Erinnerungen und Sehnsüchten unterwegs ist – und diese Tankstelle ist wie ein spiritueller Rastplatz im Nirgendwo.

Doch die Melancholie des Clips verdichtet sich nicht allein an der Tankstelle. In den Traumsequenzen öffnen sich weitere, markante Bilder, die wie Bruchstücke einer inneren Reise wirken. Da ist das Äussere des Cafés und die Kolonnade des Amargosa Hotels in Death Valley Junction – ein Ort, der selbst schon halb wie ein Traumgebilde wirkt, mit seinen schattigen Arkaden, die dem Windflüstern der Wüste Raum geben. Hier scheint die Zeit stillzustehen, als hätte das Leben längst weitergezogen und nur die Hülle der Erinnerung zurückgelassen.

In einer anderen Einstellung taucht die Kirche im Geisterstädtchen Calico auf, steil und trotzig in der kargen Weite der kalifornischen Wüste. Sie wirkt wie ein Symbol vergangener Hoffnungen, die nun zwischen Sand und Hitze verwehen. Diese Orte – das Hotel, das Café, die Geisterkirche – durchziehen den Videoclip wie leise Traumbilder, die Plants Reise durchdringen. 

Am Ende des Clips, wenn die Farben aus gelb, orange und rot zu violett und anschliessend zu blau bis hin zu schwarz werden, die schwüle Hitze der kühlen Nachtluft weicht und irgendwoher aus einem Radio «Big Log» tönt, erschafft alles zusammen eine Atmosphäre, die zwischen Verlassenheit, Erinnerung und Sehnsucht schwebt – ein melancholisches Mosaik, das die wilde Romantik der Wüste mit einer fast mystischen Schwere auflädt.

Fun Fact:
Die Schalgzeugparts für die Studioaufnahmen des Songs «Big Log» stammen übrigens von Phil Collins (Genesis).

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